Kokosprodukte sind viel nachhaltiger als ihr Ruf

Folgender Artikel ist im April 2024 im Magazin „DEGA Gartenbau“ erschienen.

Kokosprodukte sind viel nachhaltiger als ihr Ruf

Mit Untersuchungen durch unabhängige Stellen garantiert eine HORTICERT-Zertifizierung, dass ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeitsanforderungen von Torfersatzstoffen erfüllt sind. Studien sowie eigene Berechnungen zeigen dabei, dass die Emissionen von kokosbasierten Torfersatzstoffen deutlich geringer sind als von Torf.

Damit sind kokosbasierte Torfersatzstoffe mit HORTICERT-Zertifizierung eine nachhaltige Alternative zu Torf und spielen eine wesentliche Rolle, um das Ziel einer weitestgehend torffreien Substratindustrie mit reduzierten THG-Emissionen zu erreichen, wie die folgenden Ausführungen zeigen. 

Kokosbasierte Torfersatzstoffe (Kokosmark, -fasern und -chips) spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der Substratindustrie. Da es sich um importierte Produkte handelt, bestehen oftmals  Bedenken bezüglich der Nachhaltigkeit. Durch HORTICERT werden mögliche Nachhaltigkeitsrisiken identifiziert und mit risikobasierten Audits durch unabhängige Zertifizierungsstellen überprüft. Somit stellen kokosbasierte Torfersatzstoffe mit HORTICERT-Zertifizierung eine nachhaltige Alternative zu Torf dar. Die Gütegemeinschaft Substrate für Pflanzen formulierte dazu im Januar 2024: „Wir wünschen uns, dass die Zertifizierung Vorbehalte gegenüber der Verwendung von Kokosprodukten als Substratausgangsstoff ausräumt. Dazu kann die fachlich neutral überprüfte Einhaltung definierter sozialer und ökologischer Standards und die Berechnung des CO2-Fußabdrucks [im Rahmen von HORTICERT] einen sinnvollen Beitrag leisten.“

Die meisten in Europa verwendeten kokosbasierten Torfersatzstoffe stammen aus Indien und Sri Lanka und werden per Schiff importiert. Die Transportdistanz beeinflusst zwar die Treibhausgasemissionen (THG) eines Produkts, jedoch werden insbesondere die Emissionen des Schiffstransports oftmals überschätzt: Da auf einem Schiff große Mengen an Waren transportiert werden, sind die Emissionen pro Tonne bedeutend geringer als bei einem Lkw-Transport auf gleicher Distanz. Auch weitere Emissionen aus Anbau und Weiterverarbeitung sind vergleichsweise gering. 

Kokosbasierte Torfersatzstoffe werden aus Kokosnussschalen hergestellt, welche Restprodukte der Kokosindustrie sind. Daher entfällt bei der Berechnung der Großteil der Emissionen aus dem Anbau auf die Kokosnüsse als Hauptprodukt, während den Schalen deutlich geringere Emissionen zugewiesen werden. Zudem ist die Weiterverarbeitung der Kokosnussschalen zu Torfersatzstoffen wenig rohstoffund energieintensiv. So wird häufig Regenwasser zum Waschen verwendet und die Produkte meist in der Sonne getrocknet. Durch das Trocknen und das anschließende Pressen zu Blöcken für den Export reduziert sich außerdem das Gewicht und Volumen der kokosbasierten Torfersatzstoffe und somit auch die Transportemissionen. 

Emissionen deutlich geringer als von Torf 

Auch wenn die Transportemissionen nicht zu vernachlässigen sind, liegen die Gesamtemissionen kokosbasierter Torfersatzstoffe deutlich unter den Emissionswerten von Torf. Studien weisen kokosbasierten Torfersatzstoffen einen Cradle-to-Grave-Emissionswert zwischen 70 und 142 kg CO2 eq/m3 zu, wobei die Emissionen aller Produktionsschritte, des Transports sowie aus der Nutzung des finalen Produkts bis zu dessen Verwendungsende berücksichtigt werden. Bei effizienteren Produktionsprozessen können die THG-Werte auch geringer ausfallen, wie die Ergebnisse der eigenen Berechnungen nach HORTICERT-Methodik zeigen. Insgesamt sind die Cradle-to-Grave-Emissionen kokosbasierter Torfersatzstoffe somit bedeutend geringer als von Schwarztorf (310 kg CO2eq/m3) und Weißtorf (167 kg CO2eq/m3).

Entwicklung der Nachhaltigkeitsprinzipien mit NGOs 

Neben der Methodik zur Treibhausgasberechnung deckt die HORTICERT-Zertifizierung außerdem Anforderungen aus allen drei Nachhaltigkeitsdimensionen (ökologisch, sozial und ökonomisch) anhand von sieben Nachhaltigkeitsprinzipien ab. Die HORTICERT-Prinzipien fordern unter anderem den Schutz von ökologisch wertvollen Flächen, umwelt- und klimafreundlichen Praktiken im Anbauund Produktionsprozess, die Umsetzung von Menschen- und Arbeitsrechten, verantwortungsvolle Gemeindebeziehungen, Rechtmäßigkeit sowie ökonomische Stabilität und gute Managementpraktiken. Die Prinzipien wurden gemeinsam mit drei NGOs, der Bodensee-Stiftung, dem Global Nature Fund und der Welthungerhilfe, entwickelt, die jeweils ihr spezifisches Fachwissen einbrachten. Dazu äußerte der Global Nature Fund im Januar 2024: „Wir, der Global Nature Fund, haben an der Integration wirksamer Kriterien zum Schutz der Biodiversität mitgewirkt und stehen hinter den ökologischen und sozialen Prinzipien von HORTICERT. Mit dem Kauf zertifizierter Produkte können Verbraucher ganz einfach sicherstellen, ein Produkt zu wählen, das die biologische Vielfalt und das Klima nicht weiter belastet.“ 

Nachhaltige Beschaffung durch HORTICERT 

Gemeinsam mit den NGOs sowie der GRAS Global Risk Assessment Services GmbH hat HORTICERT Risikoanalysen für mehrere Produktionsländer und verschiedene Torfersatzstoffe durchgeführt. Für kokosbasierte Produkte sowohl aus Indien als auch Sri Lanka wurden erhöhte ökologische und soziale Risikolevels ermittelt, beispielsweise im Bereich der Wassernutzung, des nachhaltigen Einsatzes von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sowie bei Arbeitsbedingungen und -sicherheit. Ein solches vorab ermitteltes, erhöhtes Risikolevel führt bei HORTICERT zu einer gezielten und intensiveren Überprüfung der Nachhaltigkeitsanforderungen im Rahmen von risikobasierten Audits, welche durch unabhängige Zertifizierungsstellen durchgeführt werden. Im Falle von kokosbasierten Produkten kann dies eine umfassendere Überprüfung der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitskriterien sowohl im Kokosanbau als auch bei der Weiterverarbeitung bedeuten. 

Damit ist die HORTICERT-Zertifizierung ein Instrument, um Nachhaltigkeitsrisiken entlang internationaler Lieferketten konkret zu identifizieren und auszuschließen. Die Deutsche Welthungerhilfe stellte dazu im Januar 2024 fest: „Insbesondere aus dem Globalen Süden stammende Torfersatzprodukte müssen den menschenrechtlichen Anforderungen eines angemessenen Lebensstandards entsprechen. Mit HORTICERT wird ein erster Grundstein für eine nachhaltigere Beschaffung von Torfersatzprodukten gelegt, da über ökologische und ökonomische Fragestellungen hinaus auch die soziale Tragfähigkeit adressiert wird.“ 


Diese Informationen stellen wir Ihnen auch in Form einer PDF auf unserem Kokos-Informationsblatt zur Verfügung: